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Hybrid-DRGs – aus stationärer & ambulanter Perspektive

Kolumne vom März 2024

Seit Anfang des Jahres sind die Hybrid-DRGs nun tatsächlich da. Doch der Weg bis dorthin war nicht ganz einfach. Zunächst konnten sich die Selbstverwaltungspartner nicht auf einen gemeinsamen Entwurf zur Umsetzung einigen. Angesichts der kurzen Frist von 3 Monaten, die das BMG für die Abstimmung vorgesehen hatte, war dies nicht wirklich überraschend. Schließlich hat sich das BMG bis zur Präsentation einer entsprechenden Verordnung dann selbst mehr als zwei Monate Zeit genommen. Am 1. Januar 2024 ist die Verordnung jedenfalls in Kraft getreten und - nach Klärung der Abrechnungsmodalitäten im Februar - ist die Abrechnung von Hybrid-DRGs nun möglich.

Erweiterung 2025 bereits in Planung

Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass in der Verordnung des BMG zunächst nur eine Handvoll Hybrid-DRGs enthalten sind. Also doch nur viel Wirbel um nichts? Nein, nicht unbedingt, denn während die Anzahl der Hybrid-DRGs für 2024 überschaubar ist, hat es die geplante Erweiterung des Hybrid-DRG-Katalogs 2025 in sich.

Denn das BMG hat in seiner Verordnung direkt vorweggenommen, welche Leistungsbereiche auf Basis der jeweiligen DRGs für die Erweiterung in Frage kommen. Diese umfassen insgesamt rund 3 Millionen Fälle (Basis: Leistungsdaten des InEK 2023). Alle vorgeschlagenen DRGs haben eine untere Grenzverweildauer von 1 Tag gemeinsam, der tatsächliche Anteil der Kurzlieger und damit potenzielle Hybrid-DRGs beträgt im Durchschnitt 41%. Die Abbildung zeigt die Fallzahlen der relevanten DRGs insgesamt sowie die Anzahl ihrer Kurzlieger gruppiert nach MDCs.

Fallzahlen & Erlöse

Betrachtet man ausschließlich die Kurzlieger, könnten nach der Erweiterung ca. 1 Mio. Fälle nach Hybrid-DRGs statt bisher vollstationär abgerechnet werden. Dies entspricht Erlösen von rund 2 Mrd. €, die dann nicht mehr in diesem Umfang abgerechnet werden können. Die Höhe der Erlöse aus Hybrid-DRGs für die ergänzenden Leistungsbereiche ist noch nicht klar. Die bereits abrechenbaren Hybrid-DRGs führen - im Vergleich zu ihren stationären (Kurzlieger-)DRGs - zu einem Erlösrückgang von 25% bis 60%. Eine beträchtliche Verringerung aus dem Blickwinkel stationärer Leistungserbringer. Der Erlösschmälerung muss daher zwingend eine Veränderung des Ressourceneinsatzes sowie eine Anpassung der Arbeitsabläufe und Prozesse folgen.

Die Perspektive ambulanter Leistungserbringer

Doch wie sieht es bei der Betrachtung aus einem ambulanten Blickwinkel aus? Positiv zu bewerten ist, dass die Hybrid-DRGs im Vergleich zur bisherigen Abrechnung nach EBM überwiegend zu höheren Vergütungen führen. Mit Blick auf die in der Regel effizienteren Abläufe und Prozesse in ambulanten OP-Zentren, Praxen oder MVZ haben diese Vorteile gegenüber Krankenhäusern.

Heraufordernd ist allerdings, dass immer nur ein Leistungserbringer zur Abrechnung einer Hybrid-DRG berechtigt ist. Im ambulanten Setting bestehen häufig Kooperationen zwischen Operateuren und Anästhesisten, die ansonsten aber rechtlich und wirtschaftlich unabhängig voneinander sind. Die Aufteilung und Weiterreichung der Beträge stellen schlichtweg einen organisatorischen Aufwand dar. Kompliziert wird es aber bereits davor, wenn es darum geht die Vergütung aufzuteilen: Wem steht welcher Anteil zu? Können die Anteile pauschal festgelegt werden oder müssen sie leistungsbezogen ermittelt werden? Berücksichtigt werden muss auch, welcher Partner Infrastruktur und Personal zur Verfügung stellt.

Eine Orientierungshilfe bietet möglicherweise die Kostenmatrix der DRG, die Aufschluss über die Verteilung nach Kostenarten und -bereichen gibt. Auch die Berufsverbände bemühen sich Leitfäden zu entwickeln. Letztlich wird aber meist die individuelle Verhandlung zwischen den kooperierenden Partnern notwendig sein. Sicher werden auch externe Anbieter ihr Angebot erweitern, indem sie neben der Abrechnung beispielweise auch die Ausarbeitung von Kollektivverträgen (ähnlich den Selektivverträgen) übernehmen.

Als ambulanter Leistungserbringer ist es entscheidend, flexibel zu bleiben und sich auf die kommenden Veränderungen vorzubereiten. Trotz anfänglicher Herausforderungen bietet die anstehende Erweiterung des Hybrid-DRG-Katalogs für 2025 Chancen für zusätzliche Fallabrechnungen. Dies erfordert allerdings eine proaktive Herangehensweise, flexible Anpassungen und möglicherweise externe Unterstützung, um die neuen Abrechnungsmodalitäten effizient zu nutzen und den organisatorischen Aufwand zu bewältigen.

Was erwartet uns 2024: Auf dem Pfad zur Neugestaltung?

Kolumne vom Januar 2024

Von der Krankenhausreform, über den Ausbau der Ambulantisierung bis hin zur digitalen Transformation – die Weichen für eine umfassende Umgestaltung des Gesundheitssystems wurden in 2023 gestellt. In 2024 wird sich nun zeigen, wie die geplanten Veränderungen umgesetzt werden.

Ambulantisierung als Schlüssel zur Versorgung

Eine der prägenden Entwicklungen ist die anhaltende Ambulantisierung. Die Verlagerung von stationären zu ambulanten Behandlungen gewinnt weiter an Bedeutung. Die Vorteile liegen auf der Hand: Effizienzsteigerung, Kostenersparnis und eine stärkere Ausrichtung auf die individuellen Bedürfnisse der Patienten. Bis sich die erwarteten Vorteile in der Praxis tatsächlich zeigen, ist allerdings noch einiges zu tun. Dieser Wandel erfordert eine flexible Infrastruktur und eine verstärkte Vernetzung zwischen ambulanten Einrichtungen und Krankenhäusern, um eine nahtlose Versorgung zu gewährleisten.

Die Mühen lohnen sich aber, oder sind gar alternativlos. Mit der erneuten Erweiterung des AOP-Katalogs und dem Start der Hybrid-DRGs geht es voran in Sachen Ambulantisierung. Daher sollte die strategische Portfolioplanung ambulanter Leistungen stärker in den Vordergrund rücken. Dies gilt für Krankenhäuser ebenso wie für ambulante Operationszentren.

Krankenhausreform – Neuausrichtung für eine effektivere Versorgung

Die Reform des Krankenhauswesens steht im Fokus der Gesundheitspolitik. Ein Paradigmenwechsel weg von reinen Fallpauschalen hin zu einer stärkeren Berücksichtigung von Qualität und Outcome wird angestrebt. Dieser Wandel zielt darauf ab, sowohl Überkapazitäten abzubauen als auch die Versorgung flächendeckend sicher zu stellen. Dabei spielt auch das Erreichen einer auskömmlichen Finanzierung eine wesentliche Rolle.

Um diese Ziele zu erreichen, muss sich die Krankenhausplanung stärker am Versorgungsbedarf ausrichten. Das geht am besten in regionalen Netzwerken mit kooperierenden Kliniken und auch Partnern aus angrenzenden Versorgungsbereichen. Für Krankenhäuser bedeutet das, sich auf ihren (vom Land sorgfältig geplanten) Versorgungsauftrag zu konzentrieren und stabile Kooperationen und Partnerschaften entwickeln.

Digitalisierung als Treiber des Wandels

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen erreicht einen neuen Meilenstein. Telemedizin, elektronische Patientenakten und KI-gestützte Diagnoseverfahren sind nicht mehr nur Zukunftsvisionen, sondern Realität. Diese Innovationen erleichtern den Zugang zur Gesundheitsversorgung, ermöglichen eine bessere Überwachung von Patienten und verbessern die Effizienz von Prozessen.

Das Krankenhauszukunftsgesetz hat hier einen guten ersten Aufschlag geleistet und nicht nur den Fokus gesetzt, sondern auch finanzielle Mittel zur Umsetzung bereitgestellt. Die große Zahl der Förderprojekte zeigt, dass die Krankenhäuser bereit sind, sich der Digitalisierung zu widmen. Mit starken Industriepartnern werden neue Lösungen entwickelt und auf den Weg gebracht. Der Investitionsbedarf ist jedoch weiterhin groß, die nachhaltige Finanzierung leider noch unklar.

Fachkräftemangel – Wege zur Lösung

Der anhaltende Fachkräftemangel belastet das Gesundheitssystem weiterhin enorm. Um diesem entgegenzuwirken, sind neue Ansätze zur Personalgewinnung und -bindung vonnöten. Hier spielen verbesserte Arbeitsbedingungen, attraktivere Karriereperspektiven und eine verstärkte Ausbildung von Fachkräften eine entscheidende Rolle. Der erste Entwurf des Pflegekompetenzgesetzes lässt auf positive Entwicklungen hoffen.

Fazit

Das Jahr 2024 markiert eine Zeit des Wandels im Gesundheitswesen, in der politische und strukturelle Maßnahmen die Grundlagen für eine effizientere, patientenorientierte Versorgung legen. Die Ambulantisierung, Krankenhausreformen, Digitalisierung und die Bewältigung des Fachkräftemangels sind entscheidende Eckpfeiler dieser Neugestaltung. Eine ausbalancierte Umsetzung dieser Entwicklungen wird essenziell sein, um die Herausforderungen zu meistern und eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung für alle Patientinnen und Patienten zu gewährleisten.

Start der Hybrid-DRGs – Der Countdown läuft

Kolumne vom Dezember 2023

Am 01.01.2024 soll es losgehen mit der Abrechnung von Leistungen nach den neuen Hybrid-DRGs. Zur Erinnerung: nachdem in der Selbstverwaltung keine Einigung zu den Hybrid-DRGs zustande gekommen ist, hat sich das BMG dem Thema angenommen und vor kurzem einen Startkatalog mit insgesamt 12 Hybrid-DRGs aus 5 Leistungsbereichen präsentiert:

  • Arthrodesen der Zehengelenke
  • Bestimmte Hernieneingriffe
  • Entfernung von Harnleitersteinen
  • Exzision der Sinus pilonidalis
  • Ovariektomien

Wie erwartet liegen die Hybrid-DRGs mit ihrer Vergütung zwischen der derzeitigen EBM-Vergütung (AOP-Katalog) und der entsprechenden DRG-Vergütung bei einem stationären Aufenthalt von 2 Tagen. Mit Blick auf bisher bereits ambulant erbrachte Leistungen also eine Verbesserung. Einen echten Anreiz noch mehr Fälle aus dem stationären in ein ambulantes Setting zu verschieben, ergibt sich daraus nicht. Diese Verlagerung wird nach wie vor eher durch Druck von Seiten der Kassen bzw. der Medizinischen Dienste erfolgen.

Ob die Abrechnung dieser neuen Entgelte zum Jahrwechsel tatsächlich starten kann, ist allerdings fraglich. Zunächst muss die Rechtsverordnung des BMG abschließend verabschiedet werden. Anschließend sind noch Details zum Vorgehen und auch der technischen Umsetzung der Abrechnung zu bestimmen. Im niedergelassenen Bereich müssen zusätzlich entsprechende Grouper in die Praxissoftware integriert werden.

Auch wenn die Umsetzung wohl nicht ganz in dem geplanten Zeitrahmen klappen wird, ist es dennoch sinnvoll sich sobald wie möglich mit diesem neuen Entgeltbereich auseinanderzusetzen und alle notwendigen Voraussetzungen für die Abrechnung zu schaffen. Schließlich hat das BMG mit seinem Verordnungsentwurf bereits eine Liste 55 weiterer DRGs mitgeliefert, die noch im Jahr 2024 geprüft, kalkuliert und für 2025 vereinbart werden sollen. Es handelt sich um rund 1 Million Fälle, die hier auf den Prüfstand kommen und künftig voraussichtlich über Hybrid-DRG abzurechnen sind.